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ForumWestfälisches Landestheater macht Menschenwürde in Leverkusen fühlbar

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Das Westfälische Landestheater präsentierte am Freitagabend die Rockshow „Respect! Die Wüde des Menschen ist unantastbar“ im Forum.

Das Westfälische Landestheater präsentierte am Freitagabend die Rockshow „Respect! Die Wüde des Menschen ist unantastbar“ im Forum.

Das Westfälische Landestheater brachte eine Rockshow auf die Bühne, die Musik, Emotionen und harte gesellschaftliche Fakten verband.

„Lächeln ist die eleganteste Art, seinen Gegnern die Zähne zu zeigen“ – dieses Zitat des Kabarettisten Werner Finck erscheint als Kompass gebender Gedanke des Westfälischen Landestheaters, das am vergangenen Freitag mit seinem Stück „Respect! Die Würde des Menschen ist unantastbar“ im Leverkusener Forum auftrat. Das als Rockshow inszenierte Stück feiert Vielfalt, will gleichzeitig vor dem Vergessen schützen und arbeitet dabei mir rohen Fakten.

„Das ist eine Rockshow, die wir alle gut gebrauchen können“, sagt Forum-Dramaturgin Claudia Scherb und fügt nach einer kurzen Pause an: „Gucken Sie sich die politische Entwicklung in Deutschland und weltweit an.“ Kultur spiele im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung eine entscheidende Rolle, „weil sie nicht doziert, sondern die Leute emotional mitnimmt, Geschichten erzählt, die berühren und deshalb bewegen“. 

Genau das wollte Tankred Schleinschock, der „Respect!“ konzipiert und inszeniert hat, wohl erreichen. Es gehe um die Stimmung, die man begreift, sagt er: „Das erklärt mehr, weil es direkter über die Emotion läuft – das ist die Stärke der Musik.“ Und trotz der schwerverdaulichen Themen nutzt die Rockshow Musik vor allem als Hoffnungs- und Mutspender. „Die Show soll nicht runterziehen, sondern man soll anfangen, gegen die eigene Mutlosigkeit zu arbeiten, sich für Dinge zu interessieren“, stellen Scherb und Schleinschock klar.

Rockshow überzeugt im Leverkusener Forum mit Klassikern

Das schafft die Rockshow mit Evergreens wie Bob Dylans „The Times They Are A-Changin’“, Aretha Franklins „Respect“ oder „Shake It Off“ von Taylor Swift. Ergänzt wird das Programm durch weitere Klassiker, darunter Grönemeyers „Die Härte“, Lennox’ „Sisters Are Doin’ It for Themselves“ und Lindenbergs „Sie brauchen keinen Führer“. 

Nina Simones Lied „Mississippi Goddam“, das von Gewalt gegen schwarze Kinder berichtet, wird begleitet von der Erzählung einer ähnlichen Geschichte: Ein schwarzer Junge aus Chicago macht Ferien in Mississippi, wird dort gefoltert, totgeschlagen, in einen Fluss geworfen. Das Publikum hat keine Zeit, die schwere Kost zu verarbeiten, es folgt die nächste Gesangseinlage, die später mit der nächsten Information unterbrochen wird: „Seine Mutter lässt seinen entstellten Körper in Chicago aufbahren.“

„Respect!“ widmet sich schweren Themen: Rassismus, Misogynie, Homophobie

Schon hier wird deutlich: Die Rockshow lässt sich nicht in eine Kategorie drängen, sie sprengt mit ihrer Emotionswucht sämtliche Zuordnungen. Es passiert viel auf musikalischer, dramaturgischer und damit auch emotionaler Ebene. Gleichzeitig sind die Zuschauerinnen und Zuschauer mit viel Inhalt konfrontiert. Es ist diese „absurde“ Euphorie, die das Ensemble neben Zeilen wie „An allem, allem sind die Juden schuld“ oder „In der U-Bahn kreisen Sprüche und die Sprüche sind nicht neu, vor 90 Jahren klang das ähnlich und war im Sinne der Partei“ darbietet.

Die Rockshow eröffnet eine neue Perspektive auf viele Klassiker mit der Art und Weise, wie sie sie in Szene setzt. Zwischen Goethes „Heidenröslein“ schieben sich Fakten zu Gewalt an Frauen: „Röslein wehrte sich und stach /Half ihm doch kein Weh und Ach – im Jahr 2023 wurden 52.330 Mädchen und Frauen in Deutschland Opfer von Sexualstraftaten“. Was das Stück faszinierend macht, ist diese Aporie zwischen Musik und guter Laune und dem gegenüber Zeilen, die schmerzen. Diese Ambivalenz überfordert Emotionen wohl auf eine so geschickte Art, dass dadurch nur Bewegung ausgelöst werden kann.